Wenn ein Verkäufer damit wirbt, dass er ein Produkt sofort liefern kann, muss dies auch stimmen.
In einem Onlineshop wurde ein Elektrofahrrad angeboten. Die Anzeige enthielt den Hinweis, dass "nur noch wenige Exemplare auf Lager" seien. Außerdem stellte der Anbieter eine Lieferzeit von zwei bis vier Tagen in Aussicht. Als nun ausgerechnet ein Rechtsanwalt zu Testzwecken ein solches Elektrofahrrad mit einer bestimmten Rahmengröße bestellte, wurde ihm mitgeteilt, dass das bestellte Rad nicht auf Lager sei, aber einen Monat später ein Nachfolgemodell auf den Markt kommen würde. Das weitere Verfahren war vorgezeichnet: Der Händler erhielt eine einstweilige Verfügung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot von Lockangeboten. Dagegen ging der Händler in Berufung, verlor aber vor dem Oberlandesgericht Hamm. Das Angebot war wettbewerbswidrig, da das angebotene Rad nicht lieferbar war.
Hinweis: Derartige Lockangebote sollen Kunden dazu animieren, mit einer Kaufentscheidung nicht mehr allzu lange zu warten. Nach der Enttäuschung, dass der Artikel nicht mehr lieferbar ist, verlässt sich der Anbieter oftmals darauf, dass die unter Druck entstandene Entscheidung jedoch nicht mehr zurückgenommen und auf einen Nachfolgeartikel gewartet wird.
Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 11.08.2015 - 4 U 69/15
(aus: Ausgabe 12/2015)
Dass wildes Plakatieren verboten ist, dürfte klar sein. Aber auch auf privaten Flächen ist viel weniger erlaubt, als der ein oder andere vielleicht denkt.
Es ging um einen Unternehmer, der mit Zustimmung der Eigentümer Werbeplakate an den jeweiligen privaten Zäunen angebracht hatte, die an öffentliche Verkehrsflächen grenzten. Die Plakate waren für die Verkehrsteilnehmer sichtbar. Das Problem: Es gab in der Stadt eine ordnungsbehördliche Verordnung, laut der Werbeplakate ohne Erlaubnis nicht an den im Grenzbereich zu Verkehrsflächen gelegenen Einfriedungen, Hauswänden und sonstigen Einrichtungen innerhalb des Staatsgebiets angebracht werden dürfen. Deswegen erhielt der Unternehmer einen Bußgeldbescheid in Höhe von 500 EUR. Dagegen klagte er, allerdings erfolglos. Die Stadt war ermächtigt, das Plakatieren zu Werbezwecken in ihrem Stadtgebiet an Zäunen auf privatem Grund zu untersagen, die an Verkehrsflächen angrenzen. Ein solches Verbot dient dazu, dass ein Stadtbild nicht durch wildes Plakatieren verschandelt oder verschmutzt wird. Bei auffälligem Plakatieren an besonders frequentierten öffentlichen Straßen besteht zudem die Gefahr, dass Verkehrsteilnehmer durch die Plakate abgelenkt werden.
Hinweis: Mit einer ordnungsbehördlichen Verordnung kann eine Stadt Plakatwerbung auf privaten Flächen untersagen, die an Verkehrsflächen angrenzen. Vor dem Plakatieren sollte also geprüft werden, ob eine solche Verordnung existiert.
Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 22.09.2015 - 1 RBs 1/15
(aus: Ausgabe 12/2015)
In jedem Verein ist die Durchführung einer Mitgliederversammlung vorgeschrieben; nun dürfen die Einladungen auch per E-Mail versendet werden.
Die Mitgliederversammlung eines Golfclubs hatte eine Satzungsänderung beschlossen und wollte diese nun in das Vereinsregister eintragen lassen. Das Amtsgericht (AG) beanstandete den Eintragungsantrag jedoch, da die Mitgliederversammlung angeblich nicht ordnungsgemäß einberufen worden sei. Nach der Satzung ist zwingend eine schriftliche Einladung vorgesehen. In diesem Fall waren die Mitglieder nur per E-Mail eingeladen worden. Der Verein erhob Beschwerde gegen die Beanstandung des AG, schließlich musste das Oberlandesgericht entscheiden.
Dieses verpflichtete das AG zur erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag, denn es sah die Einladung per E-Mail als unproblematisch an. Zwar erfordert die Schriftform grundsätzlich auch die Unterschriften der Einladenden - hier wird dem Formzweck aber genügt, wenn die Einladung der Tagesordnung zu Mitgliederversammlung per E-Mail erfolgt. Eine Unterschrift ist nicht erforderlich, da nur die Kenntnis der Mitglieder von der Versammlung sicherzustellen ist. Das ist in der heutigen Zeit eben auch ohne Unterschrift per E-Mail möglich.
Hinweis: Kein Mitglied darf in seinen Rechten beeinträchtigt werden. Es darf einem Vereinsmitglied die Übermittlung der Einladung aber auch nicht ausschließlich auf dem Wege des E-Mail-Verkehrs aufgezwungen werden.
Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 24.09.2014 - 27 W 104/15
(aus: Ausgabe 12/2015)
Deutlich abschreckende Wirkung sollte dieses Urteil für Personen haben, die ohne Erlaubnis Bilder anderer im Internet veröffentlichen.
Ein Mann kam auf eine merkwürdige Idee: Er erstellte Fotomontagen von seiner Schwägerin und veröffentlichte diese im Internet. Dabei waren Kopf und Gesicht der Frau zu sehen. Den Kopf hatte er auf nackte Frauenkörper gesetzt. So entstand der Eindruck, als ob es von ihr Nacktfotos geben würde. Zudem enthielten die Fotomontagen den Namen der Frau und Angaben zur Heimatregion. Die Frau verdächtigte sogleich ihren Schwager - und eine Hausdurchsuchung bestätigte den Verdacht. Nun verklagte sie ihren Schwager wegen einer schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zur Zahlung eines Schmerzensgeldes. Das Oberlandesgericht Oldenburg verurteilte ihn zur Zahlung von 15.000 EUR. Höhere Beträge dürften nach Ansicht des Gerichts nur dann zuerkannt werden, wenn das Opfer einer pornographischen oder erotischen Internetveröffentlichung konkrete Beeinträchtigung erleiden musste, etwa durch Telefonanrufe oder Hausbesuche. Das war hier glücklicherweise nicht geschehen.
Hinweis: Ein gutes Urteil für alle Internetgeschädigten. Die Rechtsprechung gewährt den Betroffenen hohe Schmerzensgeldbeträge.
Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 11.08.2015 - 13 U 25/15
(aus: Ausgabe 12/2015)
Wird ein ehemaliger Innenminister verurteilt, dürfen die Medien darüber berichten. Dazu benötigen sie in der Regel allerdings auch eine Kopie des Urteils.
Eine Zeitungsverlagsgruppe begehrte eine anonymisierte Kopie eines Strafurteils. In der Strafsache ging es gegen den ehemaligen Innenminister eines Bundeslandes. Dieser wurde wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen sowie Abgeordnetenbestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten zur Bewährung verurteilt. Der Präsident des Landgerichts weigerte sich allerdings, der Verlagsgruppe die Kopie zuzusenden.
Schließlich wurde das Bundesverfassungsgericht angerufen, das der Zeitungsverlagsgruppe Recht gab. Zwar besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Akteneinsicht, wohl aber eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen. Es gibt also einen presserechtlichen Auskunftsanspruch von Medienvertretern. Dieser Anspruch gilt allerdings nicht unbegrenzt. Persönliche Angaben und Umstände sind in der Regel zu anonymisieren. Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft eintreten.
Hinweis: Eine gute Entscheidung. Denn wenn der Innenminister eines Bundeslandes strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird und die Taten auch noch mit dem Amt etwas zu tun haben, besteht ein erhebliches öffentliches Informationsinteresse.
Quelle: BVerfG, Beschl. v. 14.09.2015 - 1 BvR 857/15
(aus: Ausgabe 12/2015)