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Zum Thema: Familienrecht

Unterhalt: Vereinbarungen zum Trennungsunterhalt
stehen unter strenger Kontrolle

Werden die Folgen von Trennung und Scheidung in einem notariell beurkundeten Vertrag geregelt, sollte anzunehmen sein, dass nichts weiter zu klären ist. Das ist aber nicht der Fall.

Besonders kritisch beleuchtet die Rechtsprechung in derartigen Verträgen die Regelungen zum Trennungsunterhalt. Das ist der Unterhalt, den ein Ehegatte in der Zeit ab der Trennung bis zur Rechtskraft der Scheidung verlangen kann.

Im Gesetz geregelt ist, dass auf Trennungsunterhalt nicht verzichtet werden kann. Geschieht dies doch, ist ein solcher Verzicht unwirksam. Vereinbarungen zum Trennungsunterhalt können demnach unproblematisch geschlossen werden, soweit danach mehr Unterhalt zu zahlen ist als gesetzlich geschuldet. Aber auch ein Unterschreiten des gesetzlichen Trennungsunterhalts ist möglich, nur darf der so erfolgende Verzicht nicht zu groß sein. Daher ist es nicht zulässig, einfach einen pauschalen Betrag als Trennungsunterhalt zu vereinbaren. Vielmehr muss auch geklärt werden, welcher Unterhalt regulär verlangt werden könnte. Denn nur dann wird klar, in welchem Maße durch die Vereinbarung auf Unterhalt verzichtet wird und ob dieser Verzicht in der konkreten Situation zulässig ist.

Auch eine Kompensation mit anderen Regelungspunkten ist nicht möglich. Es kann also nicht ein Verzicht auf Trennungsunterhalt dadurch gerechtfertigt werden, dass z.B. über einen besonders langen Zeitraum Nachscheidungsunterhalt bezahlt wird.

Hinweis: Einige Ehegatten wünschen sich nach der Trennung schnell Klarheit, besonders hinsichtlich des Unterhalts. Sie möchten eine unkomplizierte Lösung ohne viel Rechnerei. Das aber leider nicht möglich. Gerade vertragliche Regelungen bedürfen der sorgfältigen juristischen Beratung.

Quelle: BGH, Beschl. v. 30.09.2015 - XII ZB 1/15
zum Thema:Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2015)

Kindesunterhalt: Grundsicherungsanspruch eines Kindes bei dessen mangelnder Erwerbsfähigkeit

Kinder haben gegenüber ihren Eltern einen Anspruch auf Unterhalt, bis sie beruflich selbständig sind. Dabei sind Entwicklungsverzögerungen hinzunehmen. Das heißt, wenn wegen solcher Beeinträchtigungen länger Unterhalt benötigt wird, ist er auch länger zu bezahlen. Wie ist es aber, wenn ein Kind nicht nur entwicklungsverzögert, sondern für längere Zeit erwerbsunfähig ist?

Ein Unterhaltsanspruch des Kindes besteht auch dann, wenn es arbeits-, schul- und ausbildungsunfähig ist. Das ist eine Situation, die ärztlich zu attestieren ist und selten vorkommt. Sie wird immer mit einer besonderen und sehr starken Erkrankung verbunden sein, z.B. einer schweren Depression. Auch in dieser Situation tragen die Eltern in erster Linie weiterhin die unterhaltsrechtliche Verantwortung für das Kind.

Allerdings ist dann zu prüfen, ob ein Anspruch auf Grundsicherung besteht. Denn wer dauerhaft erwerbsunfähig ist, kann Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Diese geht dem Unterhaltsanspruch vor. In dem Maß, in dem dann Sozialhilfe bezogen wird oder bezogen werden kann, besteht kein Unterhaltsanspruch mehr - es sei denn, die Eltern verdienen mehr als 100.000 EUR jährlich.

Dauerhaft erwerbsunfähig ist, wer aufgrund von Krankheit oder Behinderung für mindestens sechs Monate keine Arbeit von mehr als drei Stunden am Tag verrichten kann und bei dem auch nicht damit zu rechnen ist, dass sich dies in den nächsten drei Jahren ändert.

Hinweis: Vorstehende Grundsätze gelten ebenso beim Elternunterhalt. Werden Kinder zur Zahlung von Unterhalt für ihre Eltern in Anspruch genommen, ist ebenfalls zu prüfen, ob die Eltern gegebenenfalls einen Anspruch auf Grundsicherung haben.


Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 10.09.2015 - 4 UF 13/15
zum Thema:Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2015)

Kindesunterhalt: Geht ein Kind nicht zur Schule, kann es den Anspruch auf Unterhalt verlieren

Kinder haben ihren Eltern gegenüber einen Anspruch auf Unterhalt, solange sie eine Ausbildung durchlaufen und deshalb noch kein oder nur wenig Geld verdienen. Dieser Grundsatz gilt zumindest dann, wenn das Kind eine seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten entsprechende Ausbildung einigermaßen zügig absolviert. Anderenfalls können sich Schwierigkeiten ergeben.

Besonders problematisch wird es, wenn ein Kind nicht einmal seine reguläre Schulausbildung beendet, sondern sich bereits weigert, überhaupt in die Schule zu gehen. Besteht auch dann die Pflicht, den vollen Unterhalt zu bezahlen? Oder kann das Kind dann darauf verwiesen werden, einer ungelernten Tätigkeit nachzugehen und so seinen eigenen Bedarf zu sichern?

Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat sich mit genau so einem Fall beschäftigt und entschied, dass ein Kind, das nicht bereit ist, zur Schule zu gehen, durchaus verpflichtet sein kann, stattdessen zu arbeiten. Die Folge kann also sein, dass die ansonsten unterhaltspflichtigen Eltern nicht mehr für den Unterhalt des Kindes aufkommen müssen.

Voraussetzung ist allerdings, dass kein Verstoß gegen die Schulpflicht besteht. Das bedeutet: Solange ein Kind schulpflichtig ist, muss es diese Pflicht erfüllen. Es kann nicht von ihm verlangt werden, stattdessen arbeiten zu gehen, auch wenn es die Schule schwänzt. Ob das Kind minder- oder bereits volljährig ist, ist dabei unerheblich.

Hinweis: Die Regelung der Schulpflicht ist Ländersache. Deren Dauer ist also nicht bundeseinheitlich gleich. Geht ein Kind nicht mehr in die Schule und verlangt dennoch Unterhalt, muss danach unterschieden werden, in welchem Bundesland es lebt. Erst dann kann länderspezifisch geklärt werden, ob ein Unterhaltsanspruch des Kindes besteht oder nicht.


Quelle: OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 15.07.2015 - 5 UF 50/15
zum Thema:Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2015)

Elterliche Sorge: Wann muss ein Kind nicht mehr bei den Eltern leben?

Uneinigkeiten zwischen Eltern und ihren Kindern sind normal und sogar wichtig für den Reifeprozess Letzterer. Zu Auseinandersetzungen kommt es besonders häufig in der Pubertät. Aber was passiert eigentlich, wenn sich ein Kind in dieser Situation an das Jugendamt oder das Gericht wendet, um nicht mehr zu Hause bei den Eltern leben zu müssen?

Eltern haben das Sorgerecht für ihre minderjährigen Kinder. Sie können deshalb verlangen, dass die Kinder bei ihnen leben. Dieses Recht haben sie jedoch nicht mehr, wenn das Zusammenleben für die Kinder unzumutbar ist und ihr Verhalten zu einer Kindeswohlgefährdung führt. Dann kann Eltern die elterliche Sorge ganz oder teilweise entzogen werden, so dass die Kinder nicht mehr bei ihnen leben müssen.

Zur Beantwortung der Frage, ob die Spannungen zwischen den Eltern und ihren Kindern so groß sind, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, ist zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Kindes und dem Elternrecht, die Kindeserziehung frei und nach eigener Vorstellung zu gestalten, abzuwägen.

Bei der Abwägung ist zu beachten, dass ein Eingriff in das zugunsten der Eltern bestehende Sorgerecht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nur ganz ausnahmsweise erfolgen darf - nämlich dann, wenn dies unumgänglich ist; also eine akute und unmittelbare Gefahr besteht. Das ist allenfalls in ganz seltenen Ausnahmesituationen der Fall. Die Abwägung ist normalerweise im Hauptsacheverfahren vorzunehmen, in dem alle Umstände des konkreten Einzelfalls genau betrachtet und abgewogen werden.

Hinweis: Verfahren, in denen es um die Frage geht, ob ein Kind bei den Eltern bleibt oder in eine sogenannte Fremdunterbringung kommt, sind insbesondere für die Entwicklung des Kindes von großer Bedeutung. Wichtig ist es, in einer solchen Situation Hilfsangebote zu suchen und in Anspruch zu nehmen.


Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 22.06.2015 - II-4 UF 16/15
zum Thema:Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2015)

Versorgungsausgleich: Berücksichtigung einer zur Finanzierung abgetretenen Lebensversicherung

Lebensversicherungen werden bei einer Scheidung im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt, wenn bei deren Fälligkeit eine Einmalzahlung erfolgt. Im Versorgungsausgleich relevant sind sie dagegen, wenn sie auf die Zahlung einer Rente gerichtet sind. Besondere Fragen ergeben sich darüber hinaus, wenn sie für Finanzierungszwecke eingesetzt werden.

Oft werden Lebensversicherungsverträge als Sicherungsmittel eingesetzt, wenn es darum geht, z.B. ein Bauvorhaben zu finanzieren. Die Banken wollen Sicherheiten, und da bietet es sich mitunter an, den Versicherungsvertrag einzusetzen. Die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag werden dann nicht vollständig an die Bank abgetreten, wozu eine entsprechende schriftliche Erklärung gegenüber der Versicherungsgesellschaft erforderlich wäre. Vielmehr wird mit der Bank die Abtretung "zur Sicherheit" vereinbart, so dass diese die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag gegenüber der Versicherungsgesellschaft geltend machen kann, wenn Zahlungen ausbleiben.

Eine andere Möglichkeit ist es, die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag an die Bank zu verpfänden. Die Vereinbarung mit der Bank sieht dann mitunter vor, dass die späteren Leistungen aus dem Versicherungsvertrag eingesetzt werden sollen, um das Darlehen zu tilgen.

Keine dieser Vereinbarungen hat jedoch einen Einfluss auf den Versorgungs- oder den Zugewinnausgleich. Die Versicherungen werden behandelt, als sei der Versicherungsnehmer weiterhin frei verfügungsberechtigt. Er kann also nicht geltend machen, er habe die Versicherung für andere Zwecke eingesetzt und könne deshalb nicht frei über sie verfügen.

Hinweis: Keine Rolle spielt, ob es sich bei dem Bauprojekt, für das die Versicherung eingesetzt wurde, um das Familienheim oder um ein anderes Bauvorhaben handelt.


Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 02.09.2015 - 13 UF 119/09
zum Thema:Familienrecht

(aus: Ausgabe 12/2015)